"> Cruises bietet das derzeit beste Show- und Unterhaltungskonzept auf den Weltmeeren
"Da simmer dabei, dat is prima - Viva Colonia!” dröhnt es aus den Boxen. Alle recken die Arme in die Höhe. Dreihundert Beats später brüllen tausend Kehlen „YMCA”, und dann fasst der Erwin der Heidi von hinten an die Schulter: „Polonaise Blankenese” um den Pool. Gerade mal vierzig Minuten ist die Aida Aura auf See. Und schon werden Passagiere zu Partylöwen, das Deck zum Dance-floor. Eine Stimmung, als wolle jeder nur zwei Worte in den Sternenhimmel hineinschreien: „Endlich Urlaub!!!” Der DJ zeigt wo's langgeht; er hat das Kommando übernommen. Und ist nicht gewillt, früh Feierabend zu machen. Denn die Aida-Gäste übersetzen Feierabend wörtlich und das heißt: Party bis Palma. Oder wohin das Schiff auch immer fährt. Die Aida - das Spaß-Schiff. Soweit das Vorurteil.
Hier wird gerade für eine Theatershow geprobt. Ohne Frage: So war es einst, als die Reederei 1996 die neue Lockerheit auf See einführte: Kein Dresscode, kein Captainsdinner, es wurde sich dogmatisch geduzt. Doch die Aida hat sich gehäutet. Aus einem Schiff (Aida Cara) sind fünf geworden, und am 4. April wird in Palma mit der Aida Luna feierlich Nummer sechs getauft. Mit der spektakulären Taufe der Aida Diva 2007 in Hamburg hat die Reederei einen neuen Kurs eingeschlagen: Die Kussmund-Flotte ist erwachsen geworden. Der Name Clubschiff taucht nur noch dezent auf, das Duzen ging gänzlich über Bord. Und auch eine Generation von Clubchefs und Animateuren, die nicht auf Kurs zu bringen war.
Auch die Architektur ist eine andere: Das Showtheater der drei ersten Aidas - es war brachliegender Raum, der nur einmal am Abend ernsthaft genutzt wurde. Also heckte Neubaudirektor Christian Schönrock mit seiner Kreativ-Abteilung etwas Neues aus: das Theatrium. Eine Wortpaarung aus Theater und Atrium, eine Innovation auf hoher See. Durch zwei gläserne Fensterfronten flutet das Tageslicht ins neue Entertainment-Eldorado der Schiffe.
Diese Mischung aus Marktplatz und Manege ist genial, und sie ist ganztägig. Selbst beim Soundcheck sitzen hundert Schmerzfreie und hören sich das „one, two, one, two” an. Die Bühnen-Elemente sind alle hydraulisch versenkbar, mal fährt ein Piano nach oben, mal verschwinden drei Tänzerinnen nach unten. Morgens laufen auf der großen LED-Leinwand die nächsten Ausflugsziele und der Bord-Lektor referiert über Lissabon. Die Gefahr einer Bildungsreise besteht bei Aida nicht wirklich, aber dieses Infotainment zeigt immerhin erste Ansätze. Da bleibt das „Zicke-Zacke-Zicke-Zacke-Heu-Heu-Heu” - Publikum automatisch fern. Und erst recht beim nächsten Programm-Punkt: Kunstauktion. Werke von Pop-Art Künstler James Rizzi und Likörelle von Udo Lindenberg kommen hier unter den Hammer. An guten Tagen wechseln hundert Exponate den Besitzer.
Kunst-Auktionen an Bord. Sogar Werke von James Rizzi werden versteigert. Das Theatrium ist prall gefüllt, die Umsätze aus der Versteigerung schlagen locker die Aida-Bar. Nachmittags probt das Tanz-Ensemble eine letzte Abba-Einheit und abends rappen erst drei Comedy-Schweizer namens „Starbugs”; und dann singt eine Zarah Leander-Kopie von Motten im Licht. Oberster Entertainer ist Corny Littmann, Chef des Schmidt-Theaters auf der Hamburger Reeperbahn und nebenbei auch noch Präsident des FC St. Pauli. Er ist der künstlerische Leiter der gesamten Flotte.
Mit seiner Firma Seelive Tivoli hat er in Zukunft das Unterhaltungsprogramm für neun Schiffe zu bestücken. Die Räume einer historischen Volksschule auf dem Hamburger Kiez sind das Trainingscamp für die Bordshows. In der alten Aula in der Seilerstraße wird probiert, bis alles seefest ist. Und dann können sich die Ensembles im Theatrium beweisen. Sogar Trapez-Akrobatik steht auf dem Programm. Das Theatrium ist drei Decks hoch- da endet kein Salto Mortale im Kronleuchter.
So manch Aida-Gast der ersten Stunde mag sich fühlen wie Crocodile Dundee in New York. Die neue Bord-Zivilisation heißt Zeitgeist: Plasma statt Polonaise - überall flimmern Flatscreens. Rund ums Theatrium, auf den Kabinen, sogar auf der Herrentoilette. Allerdings nicht als Touchscreen - aus hygienischen Gründen durchaus verständlich. Interaktiv ist das System - kurz ITV- dennoch: Per Computer-Keyboard kann jeder Gast auf seiner Kabine Infos abrufen, Landausflüge buchen und die Shows sehen. Falls es mal wieder zu voll sein sollte. Oder die Kuschelmuscheln besetzt sind. Das sind kleine runde Pärchen-Oasen, loungige Sofas - natürlich auch mit Flatscreen.
Ganz großes Kino wird es erstmalig auf der neuen Aida Luna geben. Das Sonnendeck ziert eine 8 x 4,5 Meter große Videoleinwand. Darauf gibt's dann wahlweise „Kino unterm Sternenhimmel”, Fußball live oder DVD-Konzerte. Falls die Stars nicht live an Bord sein können. Oder wollen. Aber selbst die Wiener Philharmoniker gastierten letztes Jahr schon an Bord. Bevor es die Passagiere völlig vergessen sollten: Aida, das ist auch immer noch eine Oper von Giuseppe Verdi in vier Akten.